Die Skyline von Paris, darüber die Grafik einer Karte von Frankreich und der Titel der Reihe "Press Pause!"

Faites une pause! - Junge Pflegende in Frankreich

Die Europäische Union (EU) hat 2022 als das Europäische Jahr der Jugend ausgerufen. Anlässlich des Aktionsjahres haben wir euch in den letzten Monaten einzelne Projekte für junge Pflegende in verschiedenen europäischen Ländern nähergebracht. Nachdem wir bereits einen Blick nach Großbritannien und nach Italien geworfen haben, möchten wir euch zum Abschluss der Reihe den französischen Verband „Jeunes AiDants Ensemble“ (JADE) vorstellen.[1] JADE fördert und begleitet Maßnahmen für junge Pflegende und ihre Angehörigen und sensibilisiert für deren Anliegen.

JADE fasst unter den Begriff „junge Pflegende“ Kinder oder Jugendliche unter 18 Jahren, die einem Mitglied ihrer Familie oder ihres Haushalts regelmäßig Hilfe leisten. Diese regelmäßige Hilfe kann dauerhaft oder nicht dauerhaft geleistet werden und verschiedene Formen annehmen, wie zum Beispiel Pflege, Betreuung, Reisebegleitung, Behördengänge, Kommunikation, häusliche Tätigkeiten, Koordination, ständige Wachsamkeit und psychologische Unterstützung. Im Alter zwischen 18 und 25 Jahren spricht JADE von jungen Erwachsenen mit Pflegeverantwortung. Damit orientieren sie sich an der Definition der American Association for Caregiving Youth.[2]

Es ist schwierig, offizielle Daten zu jungen Pflegenden in Frankreich zu finden. Im Jahr 2017 wurde eine erste, groß angelegte Studie mit Unterstützung eines wissenschaftlichen Ausschusses durchgeführt, in der mehr als 500 Jugendliche und Erwachsene mit Pflegeverantwortung im Alter von 13 bis 30 Jahren befragt werden konnten. Die Studie richtet den Fokus nicht nur auf die Auswirkungen der Pflegeverantwortung im Schulleben und die sozialen Beziehungen der jungen Pflegenden zu Gleichaltrigen, sondern beleuchtet auch die psychischen und physischen Belastungen, die mit der Pflegesituation zusammenhängen.[3] 

Frankreich ist ein Land, in dem die politische Unterstützung, das Bewusstsein der Öffentlichkeit und der Fachleute für junge Pflegende wächst. Dennoch gibt es weiterhin einen hohen Bedarf an Angeboten, die auf die jeweilige Lebenssituation und die regionalen Rahmenbedingungen abgestimmt sind.[4] Bereits jetzt bieten zahlreiche Verbände und Initiativen lokale Aktionen für junge Menschen an, die ein pflegebedürftiges Familienmitglied versorgen.

Seit 2016 setzt sich JADE dafür ein, das Bewusstsein für junge Pflegende und ihre Situation in der Öffentlichkeit zu schärfen und ihnen eine Auszeit zu ermöglichen – zunächst nur auf lokaler Ebene, nun aber mit einer Ausweitung auf ganz Frankreich. Aus diesem Grund verfolgt der Verband JADE das Ziel, Behörden bei der Umsetzung bereichsübergreifender öffentlicher Maßnahmen zu begleiten, die den Alltag junger Helferinnen und Helfer sowie ihrer Angehörigen erleichtern und verbessern sollen.

In einem im Oktober 2019 veröffentlichten Aktionsplan für pflegende Angehörige („Agir pour les aidants“) wurden die von dem Verband JADE formulierten Empfehlungen zur Unterstützung junger Pflegender aufgegriffen und junge Pflegende damit erstmals in einem offiziellen Dokument als eigene soziale Gruppe genannt.[5] Eine Empfehlung des Aktionsplans sieht beispielsweise eine bessere Aufklärung der französischen Lehrkräfte über die Situation junger Pflegender vor. Ziel ist, das Bewusstsein von Lehrerinnen und Lehrern für die Situation dieser jungen Menschen zu schärfen und sie dabei zu unterstützen, die Risiken eines Schulabbruchs besser zu erkennen und zu verhindern. Parallel dazu sensibilisiert das Team des nationalen Verbands JADE regelmäßig Akteure im Gesundheits-, Sozial- und medizinisch-sozialen Bereich, um die Betreuung junger Menschen mit Pflegeverantwortung zu verbessern und psychosozialen sowie medizinischen Risiken vorzubeugen.

Hierzu hat JADE gemeinsam mit öffentlichen Stellen und in Kooperation mit französischen Universitäten ein Maßnahmenpaket entwickelt, das momentan in vier französischen Pilotregionen getestet wird und auf drei grundlegenden Säulen fußt:

  • einem Lernvideo für das französische (Hoch-)Schulpersonal,
  • eine von spezialisierten Psychologinnen und Psychologen konzipierte, auf Angestellte im öffentlichen Dienst – darunter auch medizinische Fachkräfte– ausgerichtete Fortbildung,
  • eine telefonische Hotline für das gesamte Fachpersonal, die von ausgebildeten Ansprechpersonen betreut wird.

Mehr Infos lassen sich auf der Website von JADE finden.

 


[1]https://jeunes-aidants.com/ 

[2]https://jeunes-aidants.com/qui-sont-les-jeunes-aidants/#chiffres-cles

[3]https://www.novartis.com/fr-fr/actualites/communiques-de-presse/une-enquete-inedite-sur-les-jeunes-aidants-en-france-met-en-lumiere-une-face-invisible-de-laide-en-attente-de-soutien

[4]https://onlinelibrary.wiley.com/doi/pdf/10.1111/chso.12602

[5]https://handicap.gouv.fr/agir-pour-les-aidants